An welcher Schraube drehen, wenn sich alles dreht?

 

Schwindel ist mit einer Lebenszeitprävalenz von bis zu 30% ein häufiges Leitsymptom, mit welchem Patienten und Patientinnen sich beim Arzt melden. Bei den Ursachen unterscheidet man prinzipiell vestibuläre Störungen (peripher im Innenohr, zentral im Hirn/Kleinhirnbereich) und nicht-vestibuläre Störungen (metabolisch, kardial, vaskulär, muskuloskelettal, psychosomatisch etc). An welcher Schraube man also drehen muss, wenn sich alles dreht ist also gar nicht so einfach!

Vestibulärer und nicht-vestibulärer Schwindel

 

Im vestibulären Bereich lassen sich die Schwindelsyndrome zeitlich in akut eintretende, episodisch wiederkehrende oder chronisch andauernde Schwindelphasen einteilen. Wichtig in der Anamnese sind neben der Art und der Dauer des Auftretens auch auslösende Faktoren oder mögliche Begleitsymptome (gleichzeitig vorhandene neurologische Ausfälle, Tinnitus, Hörprobleme etc). Bei der Abklärung von nicht-vestibulären Störungen stehen v.a. die internistischen Erkrankungen der Patienten und ihre Folgen im Fokus.

Zunächst werde ich einige Beispiele aus dem vestibulären Schwindelbereich etwas näher erläutern:

 

Neuritis vestibularis

Hierunter versteht man einen akuten einseitigen Ausfall eines Gleichgewichtsorgans im Innenohr a.e. entzündlicher Genese. In der Folge treten Drehschwindel, Nystagmus, eine gerichtete Fallneigung zur Läsionsseite sowie eine ausgeprägte Übelkeit auf; die betroffenen Patienten sind oft stark beeinträchtigt. Aufgrund von Kompensationsmechanismen im Gehirn bessern sich die Symptome innerhalb von Tagen oft spontan. Eine symptomatische Therapie sollte bedarfsweise für max 3 Tage erfolgen (Antivertiginosa wie Dimenhydrinat). Zudem erfolgt ursächlich unter dem Verdacht der entzündlichen Genese eine Kortikosteroidtherapie (Einleitung innerhalb von 5 Tagen nach Symtombeginn notwendig). Zur Unterstützung der Kompensationsmechanismen kann beispielsweise Ginkgo verabreicht werden.

 

Gutartiger Lagerungsschwindel

Ursache sind lose Ablagerungen in den Bogengängen des Innenohrs. Durch Kopfbewegungen bewegen sich diese Steinchen in den Bogengängen, irritieren die Sinneszellen und geben Fehlinformationen weiter. Es kommt zum Drehschwindel. Als wichtigste Therapie gilt hier die Lagerungstherapie, welche zum Festsetzen der Steinchen führen soll, so dass keine neuen Schwindelanfälle mehr ausgelöst werden können. Bei gehäuften Attacken eines gutartigen Lagerungsschwindels können Vitamin D und Calcium als Rezidivprophylaxe eingesetzt werden.

 

Morbus Meniere

Beim Morbus Meniere treten typischerweise neben Schwindel auch Hörverlust und Tinnitus auf. Ursächlich ist eine Stauung der Endolymphe im Innenohr. Als Therapieoptionen steht uns hier v.a. Betahistin hochdosiert über mind. 6 Monate oder tpische Anwendungen von Glucokortikoiden oder Gentamycin zur Verfügung.

 

Vestibuläre Migräne

Von einer vestibulären Migräne spricht man, wenn zu migränetypischen Kopfschmerzen auch Schwindel mit dazu kommt. In der Attacke kommen Schmerzmittel wie ASS 1000 mg, NSAR oder Antiemetika zum Einsatz, als Prophylaxe können Magnesium, ß-Blocker, bestimmte Antidepressive oder Antiepileptika helfen.

 

Nicht-vestibuläre Störungen/nicht vestibulärer Schwindel

Zu den häufigen nicht-vestibulären Störungen, welche Schwindel verursachen können, zählen:

  • Diabetes mellitus mit Hypo- (Unterzuckerung) oder Hyperglykämien (zu hoher Blutzucker)
  • Herz-Kreislauferkrankungen mit Bluthochdruckkrisen, Hypotonie (zu niedriger Blutdruck), Herzinsuffizienz (Herzschwäche), Herzrhythmusstörungen …
  • Anämie (Blutarmut)
  • Gefäßverkalkungen an den hirnversorgenden Gefäßen
  • Verspannungen/Verschleißerscheinungen im Nacken-Schultergürtelbereich
  • Unzureichende Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme
  • Psychische Auslöser wie Angst, Stress, Konflikte
  • Nebenwirkung von Medikamenten
  • Sehstörungen

Eine rasche Diagnostik kann hierbei manchmal auch lebensrettend sein. Der Fokus der Behandlung des Schwindels liegt in der Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung.

Haben Sie Fragen dazu, so kontaktieren Sie uns bitte!

 

Herzlichst,


Dr. med. Anne Grebner
Fachärztin für Innere Medizin, Kardiologie, Ernährungsmedizinerin

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